Die Hauptstadt der Nguyen
Nach einem ausgiebigen Fruehstueck schaue ich mir erstmal Hue - gesprochen Hway - in Ruhe an. Die Stadt, ziemlich genau in der Mitte von Vietnam, war der Sitz der Kaiser der Nguyen Dynastie, die Vietnam bis 1925 beherrscht hat. Hues Altstadt ist umgeben von meterdicken Mauern, mit mehreren, sehr engen Stadttoren. Hinter dem Haupteingang steht einer der grossten Flaggenmasten Vietnams.
An diesem Mast wehte waehrrend des Krieges gegen die Amerikaner fuer ca. drei Wochen die Flagge des Nordens. Hue ist die erste grosse Stadt suedlich der Demilitarized Zone und die Einzige, die der Norden im Krieg fuer einen laengeren Zeitraum halten konnte. Hue wurde dafuer von den Amerikanern recht vollstaendig dem Erdboden gleichgemacht und eigentlich stehen von der Altstadt nur noch die Mauern.
Der Norden hat nach der Eroberung der Stadt als erstes seine Kritiker und die Helfer des Suedens beseitigt. Diese Aktionen haben in etwa 10000 Opfer gefordert.
Innerhalb der Mauern von Hue befindet sich die Festung der Kaiser. Nach dem Betreten sieht die Festung der Verbotenen Stadt in Peking sehr aehnlich, doch recht schnell stellt man fest, dass hier in Hue kaum etwas von der Festung oder der darin eingeschlossenen Verbotenen Stadt - die es hier auch gibt - erhalten ist. Die im Krieg zerstoerten Gebaeude werden zwar nach und nach wieder aufgebaut, aber bislang ist davon nur wenig zu sehen.
Am Nachmittag treffe ich Philippe in einem Cafe, wir planen den naechsten Tag. Zu den Tunneln von Vinh Moc soll es gehen, wie immer ohne Tour. Waehrrend des Krieges ist das Dorf Vinh Moc unter die Erde gezogen um den amerikanischen Bombardierungen zu entgehen. In ca. 1,6m hohen Tunneln haben hier ueber mehrere Jahre etwa 300 Menschen gelebt. In kleinen Hoehlen an den Seiten des Tunnels wurde gekocht, geschlafen, gegessen und es wurden Kinder geboren.
Wir mieten uns ein Motorrad und fahren die 100km von Hue nach Vinh Moc um uns die Tunnel in Ruhe ansehen zu koennen. Der Verkehr in Vietnam ist ein wenig ungewohnt. Chaotischer noch als in China, scheint es her nur zwei Regeln zu geben. Halte an roten Ampeln an und benutz die Hupe. Auf dem Highway 1A, Vietnams Hauptverkehrsachse von Hanoi nach Ho Chi Minh City, werden LKWs von Motorraedern auf dem Standstreifen ueberholt, Busse ueberholen hupend auf der anderen Seite und draengen den Gegenverkehr auf den dortigen Standstreifen. Die wilde Fahrt dauert 2,5 Stunden und danach brauchen wir erstmal etwas Nahrung fuer die Nerven, bevor wir fuer eine gute Stunde durch die Tunnel laufen. Etwas mehr Luxus als die eigentlichen Bewohnr gibt es fuer die Besucher heutzutage: Elektrisches Licht. Die Tunnel sind gut beschriftet und man bekommt ein wenig ein Gefuehl dafuer, wie das Leben in den Tunneln gewesen sein muss.
Die Rueckfahrt dauert auf Vietnams nicht gerade guten Strassen aehnlich lang aber wir schaffen es gerade noch rechtzeitig zum Grab des letzten Nguyen Kaisers, Khai Dinh. Die Bauzeit seines Grabes war bedeutend laenger als seine Regierungszeit und der Komplex wurde erst fuenf Jahre nach seinem Tod fertig gestellt. Khai Dinhs Tod, 1925, wurde von der vietnamesschen Bevoelkerung kaum wahr genommen, im Allgemeinen galt er als Puppe der Franzosen.