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Halbmastwurf

Saigon

Als der Bus nach ueber sechs Stunden Fahrt endlich in Ho Chi Minh City anhaelt ist es bereits dunkel. Ich steige aus, in den Regen und Laerm der groessten Stadt Vietnams. Ein Schwarm von xe om Fahrern belagert mich sofort. "Hello. Motorbike!" Es wirkt fast wie ein Befehl. Am Ticketschalter frage ich nach einem Bus in's District 1. Die Innenstadt von Ho Chi Minh City und der einzige Teil, der auch offiziell noch Saigon heisst.

Am Ben Thanh Market steige ich aus und laufe zu dem Hostel, das Betten fuer 3$ haben soll. An der Adresse ist jetzt eine Bank. Ein tout bringt mich zum Nga Hoang Hotel. Fuer 5$ gibt es dort ein sauberes Bett im Dorm und Fruehstueck. Es ist ein freundliches Hotel, in einer kleinen Nebengasse. Die Besitzerin spricht besser Deutsch als Englisch.

Direkt nach mir checkt eine Amerikanerin ein, sie ist genauso hungrig wie ich und wir gehen zusammen auf Nahrungssuche. Nach 5 Tagen mal wieder nicht allein essen. Leckere Schrimps und Glasnudeln.

Saigon ist Chaos pur. Irgendetwas ist aber anders an Saigon als an all den anderen Staedten Vietnams. Am Anfang dachte ich es waere das Gefuehl, das man immer hat, wenn man am Ende einer laengeren Reise am letzten Stop ankommt. Schnell stelle ich fest, dass ich Saigon mag, das Chaos hier hat Charme. Es ist mehr als das uebliche "Last Stop Syndrome".

Am naechsten Morgen lasse ich mich durch die Stadt treiben, fast vier Stunden laufe ich mehr oder weniger ziellos durch die Strassen und beobachte die Stadt, ihre Besucher und ihre Bewohner. In einem Strassencafe gibt es Cafe da. Vietnamesischen Eiskaffee. Vor dem Opernhaus spielt eine Band, die Vietnamesen halten mit ihren xe oms an um der Musik zuzuhoeren. Die Touris nehmen das Spektakel kaum wahr.

Als es zu regnen beginnt fluechte ich in das Ho Chi Minh City Museum. Es ist ein gutes Museum, mit vielen englischen Erklaerungen. Es kann fast mit dem Macau Museum mithalten. Neben den ueblichen Ausstellungen zum Krieg gegen die Amerikaner gibt es hier noch eine Ausstellung zum Vietnamesischen Dong und zur Geschichte der Stadt.

Irgendwann laesst der Regen nach und ich hole mir ein Banh Mi, ein belegtes Baguette an einem der Strassenstaende. Fuer 10000 Dong bekommt man ein komplettes Baguette, belegt mit Wurst, Fleisch, manchmal Seafood und allerlei Gruenzeug. Ein bisschen Chili-Sauce und Soja-Sauce drauf und fertig ist die Koestlichkeit. Franzoesischer Einfluss nehme ich an.

Neben der Kathedrale, die als Notre Dame bezeichnet wird gibt es ein paar Strassencafes mit absolut leckerem Da Chanh. Lemon juice. Der Regen hat aufgehoert, also setze ich mich und ruhe mich eine Runde aus.

Den Rest des Nachmittags verbringe ich im War Remnants Museum. Das Museum hiess frueher mal War Crimes Museum und das ist der deutlich treffendere Titel. Hunderte von Fotos zeigen zeigen die bekannten Kriegsverbrechen der Amerikaner, wie das Mai Lai Massaker, und die weniger bekannten. Ein Bild zeigt einen Vietnamesen, der auf dem Boden liegt. Sein Kopf ist in ein Tuch gewickelt und er wird von zwei Amerikaner flankiert, die Wasser ueber das Tuch kippen. Die Foltermethode ist heute im Allgemeinen als Waterboarding bekannt und wird im Irak und in Guantanamo immernoch sehr gerne verwendet, in Afghanistan wahrscheinlich auch. Die Amerikaner haben seit 1965 nichts gelernt. Es ist ein tolles Gefuehl zu wissen, dass wir in Afghanistan auch noch gerne dabei helfen. Viele Bilder zeigen die voellig zerstoerten Staedte und die mit Agent Orange und Dioxin vernichteten Waelder. Dioxin und Agent Orange sind auch fuer viele Behinderungen und Fehlgeburten in Vietnam verantwortlich. Die Amerikaner haben nie irgendeine Art von Reparation fuer den von ihnen angezettelten Krieg an Vietnam bezahlt. Im Gegensatz dazu wurden die eigenen Soldaten fuer ihre Vergiftungen ein bisschen entschaedigt. Als ich das Museum verlasse ist mir schlecht.

In einem nahegelegenen Park mache ich eine Pause und schaue den Vietnamesen beim Badminton spielen zu. Ein Cham Tower steht hinter einem Baum und ganz langsam verarbeite ich das gerade gesehene.